Sehr geehrter Herr Justizminister,

Betreff: erforderliche Reform des „DSI“ im Sinne der Menschenrechte in Thailand

Die durch das Sonderermittlungsgesetz (Special Investigation Act) von 2004 ermöglichte, unter dem Justizministerium eingerichtete Sonderermittlungsbehörde (Department of Special Investigation, DSI) hat das Ziel, eine „interdisziplinäre Organisation zur Vorbeugung, Niederschlagung und Kontrolle von Verbrechen, die einen schweren Angriff auf die Wirtschaft, Gesellschaft, staatliche Sicherheit und internationale Beziehungen darstellen“, zu schaffen und „durch Sachverstand, Transparenz und das Vertrauen der Öffentlichkeit Gerechtigkeit zu erreichen“; sie hat daher in der Öffentlichkeit hohe Erwartungen auf Gerechtigkeit geweckt.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben wir festgestellt, dass -- mit Ausnahme des entschlossenen Kampfes für Gerechtigkeit, sofern sie herrschenden Politikern dient -- mehrere Fälle völlig ungeklärt geblieben sind, die als „ungewöhnliche, komplizierte Verbrechen, welche einen schweren Angriff auf die gesellschaftliche Stabilität und öffentliche Moral darstellen und von einflussreichen Personen organisiert wurden“, wie es in Artikel 21 des Gesetzes heißt. Zu diesen Fällen gehören die folgenden:

1. Das Verschwinden des Rechtsanwaltes und Verteidigers der Menschenrechte Somchai Neelaphaijit am 12. März 2004. Infolge der Vorwürfe vonseiten der Königlichen Polizei wurde lediglich einer der beschuldigten Polizeibeamten zu drei Jahren Haft verurteilt (und während des Revisionsverfahrens gegen Kaution freigelassen), die vier anderen Beteiligten wurden freigesprochen. Seit Juli 2005 erkennt das DSI den Fall als ‚besonderen Fall’ an, es wurden aber keine weiteren Versuche unternommen, weitere Komplizen oder die Drahtzieher zu finden. Aber vor allem hat es das DSI bis jetzt nicht geschafft, offiziell die herausragende Bedeutung des vermissten Anwalts festzustellen, obwohl der Fall große Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat und obwohl eine Klärung des Verschwindens des Menschenrechtsverteidigers Somchai Neelaphaijit einen großen Einfluss auf die Gewalt im Süden haben würde.

2. Die Ermordung des Umweltaktivisten und Gemeindevorstehers Charoen Wat-aksorn am 21. Juni 2004. Zwei bewaffnete Täter und drei Komplizen wurden verhaftet. Das DSI zog eilig den Schluss, es handle sich um einen persönlichen Konflikt. Die Bewohner des Dorfes Bo Nok haben große Zweifel, ob die Angeklagten aufgrund der existierenden Beweise und Vorwürfe jemals verurteilt werden. Zudem wurden keine weiteren Untersuchungen zur Auffindung der Drahtzieher durchgeführt, trotz einer Unmenge von eindeutigen Beweisen und Zeugenaussagen, die auf das wahre Motiv des Mordes hindeuten, welches sogar das DSI schon einmal anerkannt hat: die Campagne gegen ein kohlebetriebenes Kraftwerk und der Schutz des Gemeindelandes.

3. Die Ermordung des Mönchs und Umweltschützers Phra Supoj Suwajo im Fang-Distrikt in Chiang Mai. Er wurde am 17. Juni 2005 brutal zu Tode geprügelt. Ein Jahr lang hat es das DSI nicht geschafft, irgendwelche Hinweise zu liefern: keine Verdächtigen, keine Zeugen, keine Waffen und keine stichhaltigen Beweise waren das Ergebnis der anfänglich mangelhaften Ermittlungen. Erst kürzlich haben die ermittelnden Beamten Verwandte und beteiligte Personen zu erneuten Befragungen herangezogen, um, nach eigenen Angaben, den Fall wieder aufzurollen.

Diese drei Fälle haben die Gemeinsamkeit, dass die vermissten bzw. ermordeten Personen allesamt prominente Personen waren, die sich für das Gemeinwohl einsetzten und entschlossen für Gerechtigkeit kämpften, deren Handlungen jedoch fortwährend den persönlichen Interessen von Staatsbeamten, Politikern und Leuten mit Einfluss auf nationaler wie auf internationaler Ebene in die Quere kamen.

Das Versäumnis des DSI, organisierte Verbrechen und Einschüchterungen zu unterbinden, erschüttert unausweichlich das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz des Landes. Dies kann in der Gesellschaft zu immer größeren Unruhen und Gewalt führen, für welche die Regierung die Verantwortung zu tragen hat.

Daher fordern wir, die Unterzeichneten, die Regierung von Thailand in der Person des Justizministers auf,

1. mit sofortiger Wirkung Pol. Gen. Sombat Amornvivat aus dem Amt des Generaldirektors der Sonderermittlungsbehörde (DSI) zu entlassen, wegen mangelnder Leistungen, Inkompetenz und wegen seiner Aktionen gegen die gerichtlichen Prozesse;

2. einen neuen Generaldirektor der Sonderermittlungsbehörde (DSI) zu ernennen, und zwar auf dem Wege eines transparenten Auswahlverfahrens mit breiteren qualifikatorischen Kriterien,

mit dem Ziel, die Unabhängigkeit und Freiheit des DSI von Einflussnahme und Bevormundung zu erhöhen, damit es ein wichtiger Faktor in der Schaffung von Gerechtigkeit für das thailändische Volk wird.

Wir danken für Ihre Unterstützung und Ihr Eingreifen.

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